Die Opel-Rennbahn
Der Anfang... Anstoß für den Bau der ursprünglich nur ls Test- und Prüfstrecke konzipierten Opel-Rennbahn waren in erster Linie die massiven Beschwerden der Bewohner in Rüsselsheim über den Lärm von Opel-Testfahrten, die auf den öffentlichen Straßen der Stadt durchgeführt wurden. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen (er war u.a. auch der Initiator der „Darmstädter Künstlerkolonie“ zeigte Verständnis für den Unmut in der Bevölkerung und 1915 kam es zur Auflage der Hessischen Regierung, eine spezielle Test- und Einfahrbahn anzulegen. Der Bau der „Automobil-Einfahrbahn am Schönauer Hof“ im Süden von Rüsselsheim wurde 1917 begonnen und trotz des 1. Weltkrieges bereits im Oktober 1919 abgeschlossen. | ![]() |
![]() | 1916 beauftragte Carl Opel den aus Bischofsheim stammenden Baumeister und Geometer Jakob Ritzert mit der Planung der Bahn. Das Konzept sah eine 1,5 km lange Strecke in Form einer asymmetrischen Ellipse mit einer Bahnbreite von 12 Metern und 32° Steilkurven vor. Realisiert wurde die Bahn mit verfugten Betonplatten. Zusätzlich wiesen die Pläne im Kurveninneren einen acht Meter breiten Sandbahnstreifen als Sicherheitszone aus. Der im Inneren von einem umlaufenden Erdwall flankierte Rundkurs beherbergte dabei Zuschauerplätze (Stehplätze) und Wagenaufstellboxen. Im Innenbereich der Strecke befand sich auch ein Wärterhaus, auf dessen Dach sich der OPEL-Schriftzug befand. Heute ist von diesem Häuschen kaum noch etwas zu sehen. Am ehemaligen Standort befinden sich nur noch einige traurige Fundamentreste. Achja, zu Anfang wurde im Innenbereich der Rennstrecke sogar noch Landwirtschaft betrieben. |
An der Nordkurve gab es damals eine Fußgängerbrücke, die 1925 errichtet wurde und über die Rennstrecke einen Zugang zum Innenbereich ermöglichte. Vorher musste man zu Fuß die Rennstrecke überqueren, was sich wohl als eine nicht ganz so sichere Methode herausstellte - vor allem während eines Rennens! ;). Von dieser Brücke ist heute nichts mehr zu sehen, denn sie wurde nach dem 2. Weltkrieg demontiert. Der obere Fahrbahnrand war mit einem durchgehenden Betonkragen versehen und auf diesem kann man auch heute noch (vorsichtig) entlang gehen und das Areal erkunden. Leider ist ein erheblicher Teil der Strecke (ca. 380 Meter) inkl. Start/Ziel-Geraden dem Bau der Landesstraße 3012 zum Opfer gefallen. Dort standen auch die aus Holz gefertigten Zuschauertribühnen, die weiß lackiert waren. Von diesen existiert heute nichts mehr. Auf den Satelliten-Bild (rechts) habe ich diesen Bereich gelb markiert. | ![]() |
Die sportliche Premiere feierte die Opel-Rennbahn am 24. Oktober 1920 mit einem kombinierten Wettbewerb für Automobile und Motorräder.
Das Interesse war sehr groß und es kamen über 10.000 Besucher zur Rennstrecke südlich von Rüsselsheim. Auf dem Höhepunkt der Popularität kamen bis zu 50.00 Zuschauer an einem Renntag, was durchaus beachtlich ist, denn zur damaligen Zeit hatte die nahgelegene Stadt Rüsselsheim um die 10.000 Einwohner (2024 rund 67.000).
Platz fanden die Zuschauer auf den weißlackierten Holztribünen (an den Start/Ziel-Geraden) und direkt am Fahrbahnrand, wo sie bekannte Rennfahrer wie Fritz von Opel, Carl Jörns und, Rudolf Carraciola bei der Arbeit bewunderten und anfeuerten.
Der große Opel-Preis 1922...
Veranstaltungen wie beispielsweise der 1922 veranstaltete und mit 100.000 Reichsmark dotierte „Große Opel-Preis“ brachten viele Besucher zur Rennstrecke und auch ins benachbarte Rüsselsheim, wovon auch die Gastronomie und der Handel profitierte.
In über 10 Jahren entwickelte sich die Opel-Bahn zu einem Rennsport-Mekka, das neben Auto- und Motorradrennen auch den Radsport und das damals beliebte Steherrennen beherbergte. Eines der Highlights damals das 24h Rennen für Motorräder unterschiedlicher Klassen, das auch für Materialprüfung von Neuentwicklungen genutzt wurde.
Die Laubfrosch-Parade 1924
Auch jenseits des Rennsports gab es auf und an der Opel-Rennbahn so einiges zu sehen. So wurde 1924 eine „Opel-Schau“ zelebriert, bei der den Zuschauern die Tagesproduktion des Opel-Werkes präsentiert wurde. 125 Exemplare des populären „Opel-Laubfrosch“ fuhren auf der Rennstrecke im Korso, was für damalige Zeiten ein imposanter Anblick und gleichzeitig eine ungewöhnliche Werbeaktion war. | ![]() |
Das Raketenjahr 1928... Das „heißeste“ (oder auch "coolste") Jahr an beziehungsweise auf der OPEL-Rennstrecke war sicherlich das Jahr 1928, als unter der Leitung von Fritz von Opel auf der Strecke Raketenexperimente durchgeführt wurden. Zusammen mit dem Ingenieur und Raketenhersteller Friedrich Wilhelm Sander und dem Testpiloten und Pionier der Raketentechnik Max Valier ließ Fritz von Opel ein besonderes Auto entwickeln, das ab 12. März 1928 unter strengster Geheimhaltung auf der Opel-Rennbahn Testfahrten unternahm. Als Basis des Versuchsfahrzeugs diente ein Opel 4/12 aka „Laubfrosch“, das anfangs mit nur zwei Raketen angetrieben wurde. Am Steuer dieses Raketenwagens saß der Ingenieur und Rennfahrer Kurt C. Volkhart. Tja, der Versuch verlief nicht ganz so erfolgreich, wie erhofft, denn nach nur 35 Sekunden und gerade mal 150 zurückgelegten Metern war Schluß.. | ![]() |
Gemäß dem Motto „viel hilft viel“ packte man also stärkere Raketen ins Heck des kleinen Frosches. Die Ergebnisse war vielversprechend und wenige Wochen später, am 11 April 1928, fand dann unter den Augen von zahlreichen Pressevertretern, Fotografen und Neugierigen eine öffentliche Vorstellung des ersten pulvergetrieben Raketenfahrzeugs der Welt statt. Der ehemalige Laubfrosch wurde weltberühmt unter der Bezeichnung OPEL RAK-1. Angetrieben von 12 Raketen erreichte das Fahrzeug eine Beschleunigung von 0-100 km/h in damals nur beeindruckenden 8 Sekunden. | Bildquelle: Info-Tafel an der Rennstrecke |
j![]() | Das Ende nach einer Dekade… Als der Opel-Ring gebaut wurde, befand man sich bereits am Beginn einer Epoche rasanter Entwicklung in der Automobiltechnologie. Für die Opel-Rennbahn waren die Fahrzeuge nach wenigen Jahren einfach zu schnell und die zwischenzeitlich in Betrieb genommene Konkurrenz Avus (1921) und Nürburgring (1927) attraktiver und auch für schnellere Fahrzeuge geeignet. Anfang der 1930er war dann Schluss mit dem Rennbetrieb und der Niedergang des Ovals besiegelt. Nach Ende des zweiten Weltkrieges erwachte die Rennstrecke nochmal kurz in ihrer ursprünglichen Bestimmung. Bis 1948 wurden vom Opel Army-Repair-Shop wieder instandgesetzte Fahrzeuge der US Army auf dem Opel-Ring Probe gefahren. 1949 endete der Pachtvertrag mit der Stadt Mainz (das Areal ist seit einem Vertrag von 1909 Eigentum der Stadt Mainz) und somit auch die Geschichte der Opel-Rennbahn für immer. Es begann die Renaturierung des Geländes und die gezielte Aufforstung im Dienst des Trinkwasserschutzes. Hierzu wurde der bereits in weiten Teilen marode Belag der Strecke großräumig aufgebrochen. Der Bereich rechts und links neben der Besucherplattform lässt die einstigen Dimension der Rennbahn nur noch erahnen. |
Das ehemalige Wärterhaus (Februar 2024)
Der teilweise noch begehbare Betonkragen der Strecke (Februar 2024)
Die Info-Tafeln an der Besucherplattform
Die OPEL-Rennbahn im Mai 2022
OPEL-Rennbahn im Februar 2024
Weiterführende Informationen... Zum Schluss möchte ich noch auf ein tolles PDF des Heimatvereins Rüsselsheim 1905 e.V. hinweisen, die inhaltlich zu den Info-Tafeln an der ehemaligen Opel-Rennstrecke beigetragen haben. Es beinhaltet zusätzliche Informationen und Bildmaterial. Hier gelangen Sie zu dem PDF (externer Link) | ![]() |
Quellenangabe
- Wikipedia
- Heimatverein Rüsselsheim 1905 e.V.
- Informationstafeln auf der Besucherplattform der Rennstrecke